Der jüdische Friedhof in Hamburg-Altona
Es ist ein unglaublich regnerischer Tag. Und für heute habe ich mir eigentlich vorgenommen den jüdischen Friedhof in Hamburg-Altona zu besuchen. Eigentlich. Es gießt wirklich wie aus Eimern. Da ich aber in der Regel Regen ganz gerne mag, geh ich doch noch los.
Der jüdische Friedhof hier in Hamburg-Altona ist ein ganz besonderer. Nicht nur, dass er Uralt ist, er ist auch relativ groß und eine große Anzahl an Grabsteinen und Gräbern ist über die Jahre erhalten geblieben. Eine Seltenheit. Er wurde 1611 angelegt und hat eine Gesamtgröße von fast 2 Hektar. Das macht ihn zu einen der bedeutendsten jüdischen Friedhöfe der Welt.


1611 erwarben 3 portugiesische Juden, ansässig in Hamburg, ein Stück Land in Altona. Kurze Zeit später kaufte die deutsche Judengemeinde, in unmittelbarer Nähe zum Stück Land der Portugiesen, ebenfalls ein Stück Land.

Beide Teile bilden den heutigen Friedhof, auf dem bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auch noch Begräbnisse stattfanden. Unter anderem sind hier viele Namenhafte Persönlichkeiten begraben, wie etwa angehörige der Familie Guggenheim, Mendelssohn, Heine oder Warburg. Ein weiterer Grund für seine enorme Bedeutung in Bezug auf jüdische Friedhöfe.

Wie bereits erwähnt, waren es ursprünglich Portugiesen und Deutsche die dieses Stück Land kauften und zu einer Begräbnisstätte machten. Auch heute noch ist der Friedhof in Sephardische (Sephardim = (unter anderem) portugiesische Juden) und Aschkenasische (Aschkenasen = Mittel- und Nordeuropäische Juden) Bereiche unterteilt. Zudem besteht seit 2007 das Eduard-Duckesz Haus. Neben einer kleinen Bibliothek, befinden sich hier auch ein Arbeitszimmer für Restauratoren und ein Seminarraum für Seminare.

Auf diesem Friedhof kommen 400 Jahre jüdische Kultur in Hamburg zusammen. Auch deshalb wird versucht den Friedhof zum UNESCO Weltkulturerbe zu machen.
So viel zur Geschichte.


Als ich an diesem sehr verregneten Tag dort ankomme, muss ich zuerst einmal klingeln. Anschließend macht mir eine nette, junge Dame die Tür auf. Sie reicht mir eine Kippa, 2 Flyer und wünscht mir viel Spaß. Es herrscht übrigens absolute Kopfbedeckungspflicht für Männer. Ohne darf der Friedhof nicht betreten werden. Man muss allerdings nichts mitbringen, Kippot (Mehrzahl von Kippa) liegen dort aus.
Zuallererst fällt mir auf, wie schön, aber doch ganz anders dieser Friedhof ist als die Friedhöfe die wir Nichtjuden so kennen. Unsere Friedhöfe gleichen ja oft eher einem Parkgelände, mit vielen Bäumen und Pflanzen, Blumen in allen möglichen Farben, Statuen und riesigen Gräbern. Dieser hier aber hat das nicht. Die Gräber sind ebenfalls sehr schön, die Grabsteine sind zum Teil sehr hoch und äußerst hübsch verziert, aber eben nicht kitschig, nicht überladen. Auch stehen sie alle sehr dicht beieinander, heute an diesem sehr, sehr regnerischen Tag, sieht das ganz besonders schön aus.

20160811_160250

Des Weiteren wird mir vor Ort sofort bewusst, dass die Inschrift der Gräber ja auf Hebräisch ist. Etwas was eigentlich vollkommen klar ist, ich hatte mir nur keine Gedanken darüber gemacht. Und mein Hebräisch ist viel zu schlecht als das ich irgendwas darauf lesen könnte. Zumal die Inschrift in Althebräisch geschrieben steht, nicht das moderne, Iwrit Hebräisch.
Ich schau mir den Flyer an und bin erleichtert. Hier findet man einen Plan vom Friedhof, mit Nummern und Namen der jeweiligen dort bestatteten. Und den Hinweis, dass es eine APP gibt die hier sehr hilfreich sein könnte. Die „Wo-sie-ruhen-app“. Die habe ich mir dann auch direkt vor Ort noch heruntergeladen. (http://www.wo-sie-ruhen.de)
Und diese APP ist wirklich äußerst praktisch! Sie gibt Informationen zu einer Vielzahl von Friedhöfen in Deutschland. Unter anderem eben auch für den jüdischen Friedhof in Altona. Sie ist ähnlich aufgebaut wie der Flyer, mit Lageplan und Nummer. Wenn man Informationen über ein Grab haben möchte, drückt man auf die auf dem Bildschirm abgebildete Nummer und erhält sofort Informationen. Entweder zum selbst lesen oder aber zum Abhören.
Damit gestaltete sich der Rundgang über den Friedhof als äußerst Informativ.


Nach meinem kleinen Rundgang, schaue ich mir noch das Eduard-Duckesz Haus an. Dieses enthält nämlich im Seminarraum so etwas wie eine kleine Ausstellung zur Geschichte. Allerdings mit keinerlei neuen Informationen, wenn man sich im Vorfeld schon über den Friedhof informiert hat.
Und das ist etwas, was ich jedem empfehle. Sich vorher schlau machen. Denn wer den Friedhof spontan besucht, wird wahrscheinlich eher enttäuscht werden. Mal abgesehen davon, dass die Inschrift der Gräber für den Großteil der Menschheit nicht lesbar ist, ist es für die meisten auch wohl eher unspannend zu lesen welcher Rabbi wo liegt und was er in seinem Leben so vollbracht hat. Wenn man sich aber vorher Informationen besorgt und weiß wie bedeutend dieser und jener Rabbi der dort liegt gewesen ist, ist dieser Friedhof um ein vielfaches spannender.
Ich gehe auf jeden Fall sehr Nass aber zufrieden und ein bisschen klüger als vorher nach Hause.

20160811_16024320160811_15425620160811_15274820160811_15273720160811_152745

Quellen:

http://www.jüdischer-friedhof-altona.de

/http://www.hamburg.de/sehenswuerdigkeiten/2907602/juedischer-friedhof-altona

/http://edoc.hu-berlin.de/kunsttexte/2010-1/hesse-frank-pieter-4/PDF/hesse.pdf

http://wo-sie-ruhen.de/