Die Bornplatzsynagoge

In zwei vorangegangenen Beiträgen, in dem über die Pogromnacht 1938 (https://zeugenderzeit.wordpress.com/2016/11/06/der-novemberpogrom-in-hamburg/) und in dem über das Grindelviertel hier in Hamburg (https://zeugenderzeit.wordpress.com/2017/01/07/der-grindel/), fand die diesen Beitrag titelgebende Synagoge schon Erwähnung. Deshalb dachte ich mir, ist es an der Zeit sich der Bornplatzsynanoge zu widmen.

Im von mir bereits erwähnten Grindelviertel hier in Hamburg, gibt es viel zu entdecken. So kann man, wenn man sich mal ein paar Minuten Zeit nimmt und durch das Viertel spaziert, einiges sehen. Überall sind kleine Geschäfte und Cafés, die Universität ist direkt nebenan, ein kleines, altes Kino befindet sich hier, auch die Talmud-Tora Schule oder das jüdische Café, das Café Leonar sind hier anzutreffen. All das, ist im Beitrag zum Grindelviertel nachzulesen (siehe Oben).

Der Grindel bietet aber noch mehr; Geschichte.
Direkt neben der Talmud-Tora Schule, zwischen ihr und einem anderen Gebäude, ist heute ein großer, auf den ersten Blick unscheinbarer und nichtssagender Platz zu sehen. Die Fläche ist recht groß und mag vielleicht deshalb, weil sie so groß und vorerst nichtssagend ist, etwas verwirrend sein. So eine große Lücke zwischen zwei Gebäuden.
Erst auf dem zweiten Blick und wenn man mal nach unten schaut, bemerkt man, dass dieser Platz nicht ganz so leer ist wie man vorerst glaubt. Ein Muster scheint sich auf dem Boden abzuzeichnen, dargestellt durch verschieden farbige und verschieden große Steine. Und dieses  Muster zieht sich über den gesamten Platz.
Aber was hat es damit auf sich?

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Das vordere, schattenwerfende Gebäude ist ein Hochbunker. Im Hintergrund ist die Talmud-Tora Schule zu sehen. In der Mitte der Platz.

An genau dieser Stelle befand sich einst die Bornplatzsynagoge.
Nordeuropas größte, freistehende Synagoge.

Mit dem Bau dieser wurde 1904 begonnen. Architekten der Synagoge waren Ernst Friedheim (1864–1919) und Semmy Engel (1864-1948, folgte 1938 seinem Sohn ins Exil nach London). Schon zwei Jahre später konnte der Bau fertiggestellt werden und die Einweihung des Gebäudes, mit einer predigt des Oberrabbiners Markus Hirsch gefeiert werden.

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Die Bornplatzsynagoge

Die Synagoge war gut 40 Meter hoch und besaß eine Kuppel. Es gab bunte Fenster und einen Eingang den man über eine Terrasse erreichte. Insgesamt bot das Gebäude Platz für 1200 Menschen. Frauen saßen, wie auch heute noch üblich, getrennt von den Männern, über ihnen auf einer Empore. Der aus Marmor gefertigte Toraschrein wurde von der Familie Warburg (eine in Hamburg lebende deutsch-jüdische Bankiers-Familie) gestiftet und war das Herzstück der Synagoge.

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Bornplatzsynagoge, Innenansicht

Das Grindelviertel, als das Zentrum jüdischen Lebens seiner Zeit, wurde natürlich ab 1933 von antisemitischen Übergriffen nicht verschont. Genaueres dazu im Beitrag Novemberpogrom 1938 (siehe Oben).
Am 10. November 1938, im Zuge des Pogroms, wurde auch die Bornplatzsynagoge mutwillig zerstört und geschändet. Zwei Tage später zündete man das Gebäude an. Die Synagoge überstand aber all dies und wurde im Zuge des Pogroms nicht vollständig zerstört.
Nichtsdestotrotz waren die Überreste den Nationalsozialisten natürlich ein Dorn im Auge. Zwischen 1939 und 1940 riss man die Überreste vollständig ab, um an der Stelle an der einst die Synagoge stand, eine Grünfläche zu errichten. Außerdem baute man auf dem Gelände einen Hochbunker, der auch heute noch an dieser Stelle steht.
Viele Gemeindemitglieder und Rabbiner fielen dem Holocaust zum Opfer.

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1986 entschloss man sich an der Stelle an der die Synagoge mal stand, zu einer Umgestaltung der Fläche dahingehend an die Synagoge und ihre Zerstörung durch die Nazis zu erinnern. Man beauftragte Margrit Kahl (1942-2009) einen Entwurf zur angemessenen Erinnerung zu erstellen. Sie entschied sich dafür, an exakt der Stelle an der das Gebäude einst stand, in das Pflaster die Grundrisse der Decke der einstigen Synagoge einzulassen. Diese Idee wurde übernommen und der neue Gedenkort 1988 fertiggestellt. Neben dem Grundriss im Boden, sind in der Umgebung Erinnerungs- und Informationstafeln angebracht.

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Hier stand einst die Synagoge. Die Muster auf dem Boden sind gut zu erkennen.

Heute heißt dieser Platz Joseph-Carlebach Platz.
Joseph Carlebach war einst Rabbiner und Schriftsteller. 1936 wurde er Oberrabbiner der jüdischen Gemeinde Hamburgs. Nach vielen Jahren Schikane durch die Nationalsozialisten, wurden er und seine Familie 1941 deportiert. Er uns eine Familie kamen ins KZ Jungfernhof in der Nähe von Riga.
Am 26. März 1942 wurde Joseph Carlebach, seine Frau und 3 seiner Töchter Wald von Biķernieki bei Riga erschossen.

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Joseph Carlebach

Ein Sohn überlebte in verschiedene Konzentrationslager und die ältesten Töchter der Familie wurden rechtzeitig, noch vor der Deportation, nach England geschickt.

Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bornplatzsynagoge
http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/bornplatzsynagoge
https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Carlebach

Bilder:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bornplatzsynagoge
http://www.dasjuedischehamburg.de/bilder/bornplatzsynagoge-innenansicht
http://www.abendblatt.de/kultur-live/article121709640/Oberrabbiner-Joseph-Carlebach-Ein-Fingerzeig-Gottes.html