Das sogenannte Curiohaus wurde zwischen 1908 und 1911 als Büro- und Veranstaltungsgebäude erbaut. Es steht in der Rothenbaumchausee in Hamburg.
Errichtet wurde es von und für die sogenannte „Gesellschaft der Freunde des vaterländischen Schul- und Erziehungswesens“. Ein Lehrerverein der sich für bessere materielle Versorgung der Lehrer einsetzte. Nach dessen Begründer, Johann Carl Daniel Curio ist es auch benannt.

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Das Curio-Haus

Vom 18. März bis 3. Mai 1946, fand im Hamburger Curiohaus der Erste von vielen in diesem Gebäude stattgefundenen Nachkriegsprozessen statt; der Neuengamme Hauptprozess.
Verhandelt wurden hier die Verbrechen die in den Jahren zuvor im Konzentrationslager Neuengamme und dessen Außenlager an Häftlinge begangen wurden.
Der Prozess fand, so wie alle im Curiohaus folgenden, in der britischen Besatzungszone vor einem britischen Militärgericht statt.


Das Konzentrationslager Neuengamme wurde am 20.April von der SS geräumt. Die wenig später einrückenden Allierten fanden das Lager leer vor. Kein Häftling blieb zurück, die Baracken wurden gereinigt und auf Misshandlung hinweisende Spuren entfernt. Auch viele wichtige Dokumente wurden noch vor eintreffen der britischen Armee vernichtet. Die Räumung des Lagers und das damit einhergehende vernichten wichtiger Dokumente, erschwerte die Ermittlung der Täter durch die Alliierten.
Wie auch in anderen KZ-Prozessen in der Nachkriegszeit, halfen auch hier die Zeugenaussagen der Überlebenden, Taten und Täter in den Lagern aufzuspüren. Im Neuengamme-Prozess kam helfend hinzu, dass die Totenbücher (Bücher in denen die Toten eines Lagers von der SS aufgelistet worden) vorab von Häftlingen versteckt worden waren, noch bevor sie der Vernichtung der Dokumente zum Opfer fielen. Außerdem existierten Berichte des Neuengammer Standortarztes. Beides diente im Gerichtsverfahren als wichtiges Beweismittel.
14 Angehörige der Lager-SS wurden gefasst und angeklagt.

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KZ Neuengamme


Der Prozess:

Zu den Angeklagten gehörten der letzte Lagerkommandant Max Pauly, dessen Adjutant Karl Totzauer, der SS-Standortarzt Alfred Trzebinski, der Schutzhaftlagerführer Anton Thumann, der Kommandeur des Wachbataillons Karl Wiedemann, der Lagerarzt Bruno Kitt, der Sanitäter Wilhelm Bahr sowie Block-, Kommando- und Rapportführer. Paulys Vorgänger, der ehemalige Lagerkommandant von Neuengamme Martin Gottfried Weiß, wurde bereits im Dachau Prozess vom Dezember 1945 verurteilt.

Der Vorwurf der Anklage war „Tötung und Misshandlung Staatsangehöriger der alliierten Nationen“, außerdem konnten allesamt schon aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur SS verurteilt werden. Damit wollte man verhindern, dass Angeklagte aufgrund nicht nachweisbarer Einzeltaten mit einem Freispruch davon kamen. 13 der 14 Angeklagten plädierten auf Nicht-schuldig. SS-Sanitätsdienstgrad Wilhelm Bahr bekannte sich eingeschränkt schuldig.

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Die Angeklagten

Insgesamt gab es 39 Verhandlungstage. Nach dem Eröffnungsplädoyer, begann die Anhörung der Zeugen. Sowohl Zeugen der Angeklagten als auch Häftlinge als Zeugen der Kläger sagten folglich aus. Ein Zeuge der entlasten für Max Pauly aussagte, war der ehemalige Bürgermeister von Hamburg, Karl Kaufmann.
Wie in den Nachkriegs-Prozessen üblich, verharmlosten auch in diesem Prozess die Angeklagten die Geschehnisse und Umstände in den Lagern. Sie stritten ab an Morde und Misshandlung beteiligt gewesen zu sein oder können sich an nichts erinnern.


Am 3. Mai wurde das Urteil verkündet. 11 der 14 Angeklagten wurden zum Tode verurteilt. Die anderen 3 bekamen Haftstrafen.
Max Pauly, Alfred Trzebinski, Anton Thumann, Bruno Kitt, Wilhelm Dreimann, Adolf Speck, Johann Reese, Wilhelm Bahr, Andreas Brems, Wilhelm Warnke und Heinrich Ruge wurden am 8. Oktober 1946 im Zuchthaus Hameln gehängt.

Karl Totzauer, Karl Wiedemann und Walter Kümmel wurden zu Haftstrafen verurteilt. 2 von ihnen kamen allerdings vorzeitig frei.

Ravensbrück-Prozess in Hamburg 1946

Neben dem Neuengamme-Hauptprozess, fanden im Curiohaus auch 7 Ravensbrück- Prozesse und der Prozess gegen einen Täter des KZs Bergen-Belsen statt.

In sieben Folgeprozessen mussten sich an diesem Ort weitere 15 Angeklagte wegen ihrer Verbrechen im Hauptlager Neuengamme verantworten. Es kam zu zwölf Todesurteilen, von denen acht bestätigt und vollstreckt wurden (darunter Albert Lütkemeyer)


Das Curiohaus heute:
Bis 1997 wurde das Curiohaus von der angrenzenden Hamburger Universität als Mensa genutzt. Seit 2004 befindet sich im Hauptteil des Gebäudes eine Event-Location für Konzerte, Partys, Tagungen, Unternehmens- oder Vereinsfeste statt

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Quellen:
http://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/index.php?id=curiohaus&L=1
https://de.wikipedia.org/wiki/Neuengamme-Hauptprozess
https://www.beyond-history.de/blog/article/2016/04/18/70-jahre-kz-neuengamme-hauptprozess-curiohaus-prozess-1946/